Datenkraken aktuell

19.02.2021 - Es tut sich was...

Apple ist spätestens seit Einführung des iPhones 2007 stets eine der konsequentesten Datenkraken. Über die Motive, die den Apple-Chef Tim Cook jüngst mehrfach zu überraschenden Äußerungen und zur schrittweisen Einführung tatsächlich halbwegs wirksamer Blockierung von Nachverfolgungsmechanismen auf iPhones bewogen haben -- plötzliche Läuterung vor dem Hintergrund der Ereignisse vom 6. Januar rund um das Capitol oder knallharte Bekämpfung des Konkurrenten Facebook auf dem Werbemarkt -- kann also nur spekuliert werden. Einerlei, die Äußerungen sind bemerkenswert, um nicht zu sagen: erstaunlich. Ich fasse sie hier kompakt zusammen, nachzulesen sind sie z.B. hier und hier).

Cooks Aussagen: Es gibt einen "datenge­trieben-­industriellen Komplex". Diese Industrie setzt jährlich 227 Milliarden US-Dollar um. Ihr Geschäftsmodell basiert auf Irreführung des Nutzers und der Ausnutzung seiner Daten. Das erfolgt weitgehend automatisiert durch Software-Algorithmen. Die meist illegal gesammelten Daten werden aus unterschiedlichsten Quellen zusammengeführt, aggregiert und hauptsächlich auf dem Werbemarkt verkauft.

Der Apple-Chef hat sich auch Gedanken um Lösungen gemacht. Gegenmittel seien „Datenminimierung, die lokale Verarbeitung von Daten auf Endgeräten, Transparenz und Sicherheit“ -- und staatliche Regulierung! Hört, hört! Ein amerikanischer Turbokapitalist fordert staatliche Regulierung ein. Man habe es „ohne Regulierung schon versucht und es hat nicht gut funktioniert“. Aber es kommt noch besser: Die daheim vielgeschmähte europäische Datenschutzgrundverordnung DSVGO sei eine gute Basis und solle in der ganzen Welt gelten!

Unausgesprochen hat Cook seine Aussagen hauptsächlich auf den Facebook-Chef Mark Zuckerberg gemünzt. Marina Hyde hat das Geschäftsmodell der Datenindustrie am Beispiel Zuckerberg im britischen Guardian klar beschrieben: Zuckerberg sei jemand, "der das Leben von 2,7 Milliarden monatlich aktiven Nutzern an Werbetreibende verkauft und das Verhalten dieser Nutzer mit einem Geschäftsmodell verändert, das absichtlich aufrührerische, böse und häufig gefälschte und gefährliche Dinge verstärkt, weil es das ist, was [Nutzer] länger auf seiner Plattform hält." Kurz: skrupellose Manipulationen zum eigenen Vorteil, nach mir die Sintflut.

Die vom Kronzeugen Tim Cook genannten Fakten schaffen Klarheit. Was man gerne lange als unbewiesenen Verdacht weggeschoben hat, erzwingt nun Konsequenzen. Zuckerberg ist beileibe nicht die einzige Datenkrake, die aus Geldgier gesamtgesellschaftliche Destabilisierung billigend in Kauf nimmt, aber mit seinen Produkten bei weitem der reichweitstärkste. Die Nutzung von Facebook, Instagram und WhatsApp -- alles zum Zuckerbergkonzern gehörig -- kann im Interesse von Frieden und Demokratie niemand mehr verantworten. Das gilt uneingeschränkt auch für das Twitter des Herrn Jack Dorsey. Jeder Nutzer dieser Produkte muß sich mit der Frage befassen, ob er sich durch Stützung dieses Geschäftsmodells mitschuldig macht. Unbequemlichkeit beim Wechsel zu anderen, unbedenklicheren Produkten, die es immer gegeben hat, sticht als Argument schon lange nicht mehr. Und je mehr Nutzer sich bewegen, desto weniger unbequem wird es für alle.

Hier einige Vorschläge: als Alternative zu Facebook bieten sich Diaspora oder Reddit an, WhatsApp kann problemlos mit Threema oder Signal ersetzt werden, statt Twitter könnte man Mastodon nutzen, und Nutzer von Instagram könnten sich einmal PixelFed ansehen.