HH Lurup - photografische Polemiken 2012

01.09.2012 - Photospaziergang mit dem Smartphone

Bei der Aufzählung meiner Kameras habe ich eine vergessen: das Smartphone. Ich besitze ein Samsung Galaxy S Plus (i9001). Die Kamera dieses Androiden ist eher mäßig und jeder kleinen Digiknipse hoffnungslos unterlegen.

Und dennoch ist das Fotografieren mit dem Smartphone nicht uninteressant. Der springende Punkt ist nämlich, daß das Smartphone nicht nur ein Telefon und eine Kamera, sondern in erster Linie ein vollwertiger Computer ist. Das macht Kamera-Anwendungen (Apps) möglich, die Photos sofort bei der Aufnahme oder durch unmittelbare Nachbearbeitung direkt im Smartphone eine ganz eigene Charakteristik verleihen.

Besonders beliebt sind Apps, die Aufnahmen einen Retro-Look historischer Analogkameras (in die man noch Film einlegen mußte) verleihen. Ich habe mit Retro Cam experimentiert. Diese App bietet schon in der kostenlosen, allerdings auf 920 x 920 Pixel begrenzten Version fünf eingebaute "Kameras" zu Auswahl, von der es mir besonders die Pinhole Camera angetan hat, von der der Programmautor selber sagt, deren Ergebnisse seien weniger vorhersehbar als Schroedingers Katze. Das ist nicht übertrieben.

Die Pinhole Camera simuliert Aufnahmen auf Filmmaterial, wobei der Perforationsbereich des Films allerdings mitbenutzt wird! Das führt auf ein quadratisches Format, das meinen Vorlieben besonders entgegenkommt (da werde ich auf diesen Seiten noch drauf zurückkommen). Die "Kamera" vigenttiert stark (Lichtabfall zu den Rändern), und "entwickelt" zu harten, metallenen Farben bei hohem Kontrast. Außerdem fügt sie dem "Film" (wie viele Gänsefüßchen!) per Software künstliche Alterungskratzer und Stockflecken zu.

Auf der einen Seite ist das alles Spielerei zum Zeitvertreib, und damit per definitionem böse, weil man ja immer etwas Besseres zu tun haben sollte! Auf der anderen Seite kann man natürlich versuchen, die Eigenheiten dieses Spielzeugs zielgerichtet konzeptionell zu nutzen. Das habe ich versucht.

Heutzutage sind wahrscheinlich alle Stadtteile aller Großstädte etwas seltsam, nicht nur Hamburg-Lurup, in dem ich lebe. Hier gibt es kleinbürgerlich-aggressive Zwangsidylle, Hundertjährige zeitlupen über die Straßen, Prolls hinterlassen Müll in allen erdenklichen Variationen an allen erdenklichen Orten, und gegen all das wird fleißig angebaut, was dem Ganzen Hektik, Unordnung und noch mehr Häßlichkeit verleiht. Und optisch, akustisch und auch sonst keinen Sinn verschonend ist alles durchdrungen vom allgegenwärtigen Autoverkehr.

Ein herrliches Umfeld, um bei einem ausgedehnten Spaziergang im Spätwinter 2012 mit der Retro Cam Pinhole Camera optisch ein wenig zu polemisieren...

(Zwei Tips: Maus auf einem Bild ruhen lassen, dann sollte der Bildtitel als Tool tip erscheinen. Und Klick auf ein Bild vergrößert dieses zu einer Einzelansicht, in der man einige Details erst sieht.