John Berger †

04.01.2017 - Zum Tode von John Berger.

John Berger

Am Dienstag, den 3. Januar 2017, informierte eine kurze Meldung in den Online-Diensten über den Tod des Malers und Autors John Berger am Vortage. John wer?

Eines der erhellendsten, und dabei mit guten achtzig Seiten eines der kompaktesten Bücher, die ich im letzten Jahr gelesen habe, ist "Das Kunstwerk" von John Berger. Ich kannte John Berger nicht, bevor ich dieses Buch wegen des interessanten Themas, des schönen Äußeren und des Vertrauen erweckenden Verlages - Wagenbach - kaufte. Der Autor vermittelt darin kein verkopftes Theoriegebäude, sondern entwirft mit einfachen Worten und sinnfälliger Argumentation ein ganzheitliches, auch Gefühlswelten und das Wesen des Menschen jenseits des Intellekts einbeziehendes Verständnis von bildender Kunst.

Berger ist 90 Jahre alt geworden, ein Alter, zu dem man landläufig sagt, es sei dann ja auch gut gewesen. (Ob die Betroffenen das in ihren letzten Stunden auch so sehen?) Andererseits: Bergers Buch war so klar, gewinnend, schnörkellos und einsichtig, dass es unmittelbar direkte Nutzanwendung in meinem kleinen Ingenieursleben und den darüber hinaus weisenden Interessen, die ich mir leiste, fand. Die Reise zur Hieronymus-Bosch-Ausstellung nach s'Hertogenbosch im Frühjahr 2015 war danach eine andere. Bemerkenswert daran finde ich die Wirkmächtigkeit, die ein kluger - und vermutlich auch einfach erst einmal guter - Autor sogar auf einem so abseitigen Gebiet wie der Kunsttheorie erziehlen kann. Da ist also einfach ein kluger Mann, der positiv auf mein Leben einwirkt, ohne mir im Radio etwas vorzusingen, mir im TV Faxen zu machen, oder gar zu behaupten, er habe durch die Kombination von Drogenkonsum, Kopfstand und antiautoritärer Servernutzung die Literatur neu erfunden. Der Tod so eines Mannes, 90 Jahre hin oder her, berührt mich - ein kleines Licht, das meine Welt erhellt, bekommt keinen Strom mehr.

Aber Berger hat die Batterien, die sein Licht noch eine Weile am Leuchten halten werden, ja mit Büchern und einem interssannten Leben gut aufgeladen. Ich jedenfalls werde mich weiter mit ihm beschäftigen, denn Ansatzpunkte gibt es genug: Geboren in London, hat aber fünfzig Jahre in einem abgelegenen Bergdorf in den französischen Alpen gelebt! Hat - als Engländer! - in den 1960er Jahren große Teile eines Preisgeldes an die Black Panthers überwiesen! War zeit seines Lebens Marxist! Wow...